Dass das Erlernen der deutschen Sprache der Schlüssel zu einer gelungenen Integration und einer guten Entwicklung für alle Kinder ist, gilt allgemein als Konsens. Manche Politikerinnen und Politiker aus den Parteien der Bundesregierungs-Koalition predigen das geradezu wie ein Mantra. „Doch in der Realität lässt die Bundesregierung die Länder im Stich“, sagt Martin Balasus, Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Pinneberg-Elbmarschen. Denn das Bundesfamilienministerium wird im kommenden Jahr die finanzielle Förderung der Sprach-Kitas einstellen.
Balasus traf sich deshalb mit Sprach-Kita-Expertinnen und Kita-Leiterinnen aus Wedel, Tornesch, Pinneberg und Elmshorn, um deren Sicht der Dinge zu erfahren und Wünsche und Ideen zu erkunden, um die vom Bund verursachte Notlage eventuell wieder in den Griff zu bekommen. 18 engagierte Pädagoginnen für die Kleinsten schilderten ihm die prekäre Lage.
Sie alle eint die Forderung: „Die Sprach-Kitas dürfen nicht sterben!“ Bei einem teilweise sehr hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund und inzwischen auch immer offensichtlicheren Defiziten und Auffälligkeiten bei deutschsprachigen Kindern seien sie unverzichtbar. Doch statt die etablierten Strukturen der Sprach-Kitas allen Kitas zugänglich zu machen, wird das Programm nun beendet. Überrascht, geschockt und teils sehr frustriert seien die Erzieherinnen von der Entscheidung des Bundesfamilienministeriums. Dabei war es als positives Signal gewertet worden, dass bundesweit noch im vorigen Jahr 1000 Kitas überhaupt erst ins Programm aufgenommen wurden. Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien sei eine Verstetigung verankert gewesen – jetzt erlebe man einen großen Bruch.
Bislang förderte der Bund jede Sprach-Kita mit mindestens einer zusätzlichen Fachkraft im Umfang von 19,5 Stunden. Zudem wurden zusätzliche Fachberatungen eingeführt, die einen kontinuierlichen, einrichtungsübergreifenden Qualitätsdialog etabliert haben. All das soll nun wegfallen. Kita-Träger hatten sogar oft noch Eigenmittel beigesteuert. Und dass alle Kita-Teams bei ihrer Arbeit mit den Kindern nie auf pünktlichen „Feierabend“ gucken, weil es für sie auch eine Herzensangelegenheit ist, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden.
„Ich hörte die Beschreibung ‚Schlag ins Gesicht‘ – und genauso sehe ich das auch. Der Bund zieht sich mit dem Hinweis darauf zurück, dass das Programm befristet war und lässt die Länder im Regen stehen – und natürlich auch die Kinder und Familien“, so Balasus.
Martin Balasus versprach, die Problematik in der Landtagsfraktion und bei der Sozialministerin aufzuwerfen. Hilfreich seien die Vorschläge der Praktikerinnen, wie jetzt schon, z.B. durch die Anpassung von Regularien, die Situation der Kitas erleichtert werden könne. So sei es beispielsweise Landesvorschrift, dass jede Einrichtung bis 2024 für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachweist, sie mit einem 40-Stunden-Kursus in „alltagsintegrierter sprachlicher Bildung“ geschult zu haben – und das obwohl die Sprach-Kita-Mitarbeitenden bereits in einem Schulungsprogramm des Bundes die gleichen und vertiefte Inhalte erlernten und sie schon jahrelang erfolgreich umsetzen. Balasus: „Ich halte es für sinnvoll, diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Fortbildungsverpflichtung zu befreien. Die Erzieherinnen und Erzieher sind ohnehin schon zu stark belastet, weil an allen Ecken und Enden Personal fehlt. Da müssen sich ausgebildete Kräfte nicht nochmals ausbilden lassen, sondern sollten die Zeit lieber mit Arbeit mit Kindern verbringen dürfen.“
Er stimmte mit den Pädagoginnen überein, dass nach der schlechten Nachricht aus Berlin, die querbeet mit Entsetzen aufgenommen wurde, auf jeden Fall gerettet werden sollte, was zu retten ist. Dazu gehört beispielsweise die Plattform, auf der sich die Sprachlehrerinnen und -lehrer der Kleinsten austauschen und so ihre Arbeit immer weiter verbessern. Balasus: „Doch dabei darf es nicht bleiben. Die Fortführung des Programmes sollte gewährleistet werden.“
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